Vierter politischer Stammtisch der FDP Butzbach
„EU müsste heute erfunden werden, wenn es sie nicht gäbe“
Der heimische FDP-Landtagsvizepräsident und ehemalige hessischer Minister für Justiz, Integration und Europa Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn kam auf Einladung der FDP-Butzbach zum politischen Stammtisch in das alte Rathaus nach Hoch-Weisel. Thema der Veranstaltung war die Lage der Europäischen Union (EU): “Wieviel Europa brauchen, wollen und bekommen wir?”
Besonders willkommen geheißen wurde der Butzbacher Bürgermeister Michael Merle, der es sich als überzeugter Europäer nicht nehmen ließ, an der Diskussion teilzunehmen. FDP-Vorstandsmitglied Christian Hof gab eine kurze und prägnante Einführung zu den wesentlichen Meilensteinen der Geschichte der Europäischen Union von der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl im Jahr 1951 bis hin zum Ausstiegs Großbritanniens aus der EU. Anschließend stellte Ursula Link aus dem FDP Arbeitskreis Bundespolitik einige Thesen zu laufenden Streitpunkten innerhalb der EU vor und verdeutlichte dabei die Komplexität und teilweise auch Ambivalenz der politischen Diskussion.
Direkt zu Beginn seines Impulsvortrags sagte Hahn, „die EU müsste heute erfunden werden, wenn es sie nicht gäbe. Durch sie werden grundlegende Werte wie Freiheit, Rechtsstaat, Demokratie, aber auch Arbeitnehmerfreizügigkeit, Warenverkehrsfreiheit oder Zahlungsfreiheit gefestigt.
Kritisch sieht er, als ehemaliger hessischer Europaminister, das gern genutzte Good guy und bad guy Spiel innerhalb der Organisation der EU. “Wenn etwas in Brüssel gut läuft, verkündet das jeder nationale Regierungschef selbst. Kann man sich nicht einigen, ist die EU Kommission schuld. Das geht so nicht.“ Vielmehr müsste die EU ihre positiven Verdienste für die Bevölkerung kenntlich machen. „Der einfache Bürger interessiert sich nicht für abstrakte Vorgänge in Brüssel, sondern dafür, was die EU für ihn bewirkt – und zwar die positiven Effekte, nicht überbordende Bürokratie und Gängelung.” So solle Europa die Landwirte in der Wetterau nicht mit irrsinnigen agrarpolitische Vorgaben belästigen, sondern sich auf die wesentlichen Aufgaben konzentrieren.
Entschieden lehnt Hahn eine Ausweitung der EU hin zu einem Bundesstaat ab. „Es benötigt keine Vereinigten Staaten von Europa“. Auch dürfte die Europäische Union keine Schulden machen. An der EU-Osterweiterung im Jahr 2004 übte er Kritik. Schon als damaliger hessischer Justizminister war er mit der immensen Korruption beispielsweise in Rumänien konfrontiert. „Mein Amtskollege erbat wiederholt Hilfe von mir, wie die Korruptionssümpfe in der Justiz trocken gelegt werden könnten.“ Zu dieser Zeit war Rumänien aber schon Mitglied der EU. „Leider wurden Anfang des Jahrtausend eklatante Fehler bei den Vorgaben zur Aufnahme getätigt“, so Hahn.
Bürgermeister Merle stimmte mit Hahn in nahezu allen Aussagen über die EU überein. Butzbach lebe Europa auch durch viele Städtepartnerschaften und der Möglichkeit von Schüleraustauschen mit europäischen Schulpartnern.
Die Migration ist für ihn die zentrale Herausforderung für die EU aktuell.
Themen in der sich entspannenden angeregten Diskussion waren die Bekämpfung der illegalen Migration in Europa sowie das Demokratiedefizit in der EU. Demokratie lebt von Teilhabe, das beginnt schon auf kommunaler Ebene. Je intransparenter Entscheidungen verlaufen, desto eher verliert die Politik die Menschen. Hahn fasste die Diskussion zusammen: „Europa ist klasse, aber es darf nicht übergriffig werden“.
Der nächste politische Stammtisch der FDP Butzbach, zu dem immer Angehörige aller politischen Meinungen eingeladen sind, wird im März 2024 stattfinden. Näheres dann unter www.fdp-butzbach.de